Einführung in die deutsche Braille-Kurzschrift / Blindenkurzschrift:
Die Kurzschrift ist die übliche Blindenschrift für Bücher und Druckerzeugnisse.
Die Kurzschrift wurde um 1900 entwickelt und bis 1904 in Deutschland eingeführt.
Gegenüber der Vollschrift kann der Text durch die Anwendung umfangreicher
Kürzungsregeln um zirca 30 bis 40 % verkürzt und dadurch eine Menge
Druckpapier, Volumen und Gewicht der Bücher eingespart werden.
Einzelstehende Buchstaben oder Buchstabengruppen erhalten eine besondere
Bedeutung, etliche Buchstabengruppen werden durch andere Zeichen ersetzt und
Buchstaben erhalten durch Vorsetzen eines Sonderzeichens eine andere Bedeutung.
Allerdings sollte man bedenken, dass nur etwa 17% der Blinden diese Schrift lesen können!
Unterschied zwischen Blinden-Vollschrift und Blinden-Kurzschrift (Brailleschrift / Vollschrift - Kurzschrift)
Die Vollschrift: kennt neben den Braillezeichen für die Kleinbuchstaben noch eigene Braillezeichen für
die deutschen Laute ch, sch, st, ie, ei, eu, äu und au. Der mit der Vollschrift wiedergegebene Text ist
durch die eindeutige Zugeordnung der Braillezeichen zu deren Bedeutung verwechslungsfrei.
Bei der Kurzschrift: dagegen werden zur Kürzung des Textes umfangreiche Regeln
benutzt, die einzelnen Zeichen oder Zeichengruppen eine andere Bedeutung
zuordnen. Einerseits ist nicht immer klar, welche Kürzungsregel bei mehreren
Möglichkeiten wirklich anzuwenden sind. Andererseits lässt sich der
Kurzschrift-Text ohne Kontext (Beziehung in der das Wort steht) oft
nicht mehr eindeutig in den Ausgangstext zurück übersetzen.
Riesiger Braille-Schriftzug aus Schirmen im August 2009 in Hannover
Arten der verwendeten Kürzungen:
Lautgruppen-Kürzungen
Häufige Lautgruppen werden durch selten benutzte Zeichen ersetzt.
Beispiel: bienen summen lauter
Vor- und Nachsilben-Kürzungen
Vorsilben und Nachsilben werden durch ein- oder
zweiformige Braille-Zeichen ersetzt.
Häufig benutzte Wörter der deutschen Sprache werden durch zwei Braille-Zeichen
dargestellt. Ebenso werden diese zweiformigen Zeichen für die Abkürzungen
von Wortstämmen benutzt, das heißt sie können noch mit Vor- und
Nachsilben verbunden werden.
In der 6-Punkt-Lautschrift werden für Lautzeichen die Umschriftzeichen der Vollschrift verwendet.
Die Eurobraille-Ausgabe entspricht der Datenübertragung an die Braille-Zeile.
Die vollständige Übersicht über alle Kürzungs-Möglichkeiten und Kürzungs-Regeln (Braille-Regeln)können Sie hier als PDF-Dokument öffnen bzw. herunter laden:
Das System der deutschen Blindenschrift 2005
Ungefähr 80 - 85% der literarischen Werke sind bzw. werden aus Platzgründen und schnellerer Lesbarkeit
in Braille-Kurzschrift gedruckt, weshalb bei Blinden auf das Erlernen der Kurzschrift nicht verzichtet werden kann.
Voraussetzung:
Bevor die Kurzschrift von Braille erlernt werden kann,
sollte die Braille-Vollschrift beherrscht werden!
Informationen zur deutschen Kurzschrift und deren Anwendung
sowie ein Kurzwörterverzeichnis finden Sie bei
www.braille.ch
Braille-Übersetzung in Kurzschrift-Texte einschließlich Rückübersetzung
ist mit dem RTFC Braille-Converter möglich
ein paar kritische Worte zur Anwendung der Kurzschrift
von Gerd Heimann aus dem Jahr 1996