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-> Ehrung von Oskar Picht

verschiedene ältere Zeitungsartikel zu Oskar Picht


Märkische Allgemeine
MAZ 28.05.2003

In Bergholz-Rehbrücke erinnert jetzt ein Gedenkstein an Oskar Picht

Späte Ehre für einen Erfinder

Oskar Picht B.-REHBRÜCKE Es gibt nicht viele Orte, die an Oskar Picht erinnern. In Pasewalk, seinem Geburtsort, ist das Gymnasium nach ihm benannt. In Berlin-Steglitz, der langjährigen Wirkungsstätte, findet man eine Gedenktafel. Seit gestern hat sich ein dritter Ort in den Bund eingereiht, der die Erinnerung an den Erfinder der Blindenschreibmaschine wach hält: Bergholz-Rehbrücke. Auf dem Friedhof der Gemeinde, wo Oskar Picht 1945 seine letzte Ruhe fand, wurde ein Gedenkstein für jenen Mann enthüllt, dessen Bedeutung wohl nur Blinde und Sehbehinderte wirklich ermessen können. "Gut, dass es ihn gab", sagte denn auch Joachim Haar, Geschäftsführer des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Brandenburg, der bis zu seinem 6. Lebensjahr blind war und erst nach vielen Operationen sehen konnte. Er machte deutlich, welchen Segen die Blindenschrift brachte. Ohne Augenlicht schreiben und lesen lernen - für Blinde war und ist das eine Chance, am Leben teilzuhaben und für den eigenen Unterhalt zu sorgen.

Und das große Verdienst von Picht war es, dass er etwas für Blinde schuf, was immer noch gebraucht wird, so Haar. Auf die Blindenschreibmaschine werde bis heute nicht verzichtet, soll doch ein Computer für Blinde kaum zu bezahlen sein. Wie sehr Picht ihnen einst das Schreiben erleichterte, erzählt Kurt Baller in seinem Buch "62 Bergholz-Rehbrücker Rätselbiographien": Als sich Oskar Picht als junger Mann "an der Steglitzer Blindenschule beworben hatte, bekam er eine Anstellung und verwaltete dort die Punktschriftbibliothek sowie die Druckerei. Da sah er die Misere. Die nach ihrem Erfinder Louis Braille benannte Schrift für Blinde bestand aus sechs, jeweils drei Senkrecht angeordneten, Punkten, die mit Hilfe eines Griffels und einer Schablone in das dicke Blindenpapier spiegelverkehrt eingedrückt werden mussten. Wurde das Blatt dann umgedreht, konnte der Blinde das Geschriebene 'lesen'. Doch mühsam war das Schreiben, erforderte vollste Konzentration und dauerte lang. Wenn man nun eine 'Schreibmaschine' entwickeln könnte, mit der jeder Buchstabe schnell und gleichmäßig in das Papier gedrückt würde?"

Zwei Jahre arbeitete Oskar Picht an der Blindenschreibmaschine, bevor sie nach der Patentierung 1901 den Siegeszug um die Welt antrat. Auf ihr schrieb auch Kurt Baller, als er mit Schulfreund Joachim Haar die "Erweiterte Oberschule für Sehbehinderte und Blinde" in Königs Wusterhausen besuchte. Jahre später hatte Baller die Idee, Oskar Picht im Rahmen des Ortsjubiläums von Bergholz-Rehbrücke mit einem Gedenkstein zu ehren. Denn hier im Ort, im früheren Blindenheim, verbrachte der Erfinder seine letzten Tage, hier auf dem Friedhof fand er die letzte Ruhe. Die Grabstätte ging irgendwann verloren. Jetzt gibt es auf dem Friedhof einen neuen Ort, der Oskar Picht vor dem Vergessen bewahrt.

Original-Artikel: Märkische Allgemeine




Der Nuthe-Bote
Der Nuthe-Bote 2003

Oskar Picht - was er schuf, ist ein Segen für Blinde

Ich gebe zu, bis vor kurzem sagte mir der Name Oskar Picht nichts. Aber im Rahmen der Feierlichkeiten zu unserem Ortsjubiläum wurde auch dieser Name aus der Vergangenheit unserer Gemeinde wieder ans Licht gebracht - zu Recht. Am 27. Mai fanden sich Menschen auf dem Friedhof von Bergholz-Rehbrücke zusammen, die das Werk von Oskar Picht würdigen und mehr in die Öffentlichkeit tragen wollten: Betroffene wie Interessierte, Bürgermeisterin und Amtsdirektor, Schulkinder...

Das Vermögen zu Sehen ist der wichtigste Weg zur Erfassung unserer Umgebung. Der Mensch nimmt 85 % all seiner Reize über das Auge wahr. Der Tastsinn, das Gefühl auf der Haut, Geruch und Geschmack machen den Rest aus. Das ist enorm. Wären wir wirklich sehschwach oder blind, stünden wir ohne Louis Braille und Oskar Picht vor einer schier unlösbaren Aufgabe. 6 bis 8 Wochen intensivster Lerntätigkeit braucht ein Mensch, um die Blindenschrift zu beherrschen. Die Fingerkuppen ertasten an der geprägten Blindenschrift nur ein Wirrwarr von Punkten. Schier zum Verzweifeln erscheint diese Situation, die auch in dem obenstehenden Gedicht von Ursula Patschke, einer Blinden, zum Ausdruck kommt.

Ehrung, wem Ehrung gebührt

Joachim Haar, Geschäftsführer des Blinden­ und Sehbehindertenverbandes Brandenburg e.V, der die Festrede hielt, war selbst als Kind blind. Mit 6 Jahren wurde er mehrfach an den Augen operiert. Trotzdem erlernte er die Blindenschrift von Louis Braille, ab der 4. Klasse an der "Erweiterten Oberschule für Sehbehinderte und Blinde" in Königs Wusterhausen gemeinsam mit seinem Schulfreund Kurt Baller wie auch die Nutzung der Picht"sehen Punktschrift­Maschine. Zum Jubiläum unserer Gemeinde müsste Oskar Picht in diesem Rahmen mit einem Gedenkstein geehrt werden, meinten sie.

Was haben Oskar Picht und Louis Braille mit unserer Gemeinde zu tun?

Als "Braille-Schrift" ist die aus geprägten Punkten bestehende Blindenschrift bekannt. Louis Braille (4.1.1809 - 6.1.1852) erarbeitete sie 1825 an der Blindenschule Paris aus eigener Betroffenheit.

Oskar Picht, am 27. Mai 1871 als Sohn eines Bäckermeisters in Pasewalk geboren, wurde Lehrer, wählte nach 6 Jahren die schwere Aufgabe, Blinde zu unterrichten. Er ging an die Blindenschule Berlin-Steglitz, die noch heute existiert. Er verwaltete dort die Punktschriftbibliothek sowie anfangs die Druckerei und war ab 1920 Direktor dieser Einrichtung. Als Geschäftsführer des Vereins zur Förderung der wirtschaftlichen Selbständigkeit der Blinden übernahm er die Verantwortung für das Blindenheim in Bergholz-Rehbrücke.

Grabstein Oskar Picht Die Braille-Schrift muss mühsam und langwierig mit Griffel und Schablone seitenverkehrt in das dicke Blindenpapier eingedrückt werden. Umgedreht kann der Blinde das Geschriebene lesen'. Eine Schreibmaschine wäre ideal. So kam es auch. 1899 entwickelt Picht ein solches Gerät. Am 6. Mai 1901 bereits erfolgt die erste Patentierung, mit weiteren Verbesserungen und Umbauten gibt es bald eine 6- bzw. 8­Punkt-Stenomaschine und einen Verständigungsapparat für Taubblinde.

1933 setzte sich Oskar Picht zur Ruhe. Später zog er nach Bergholz-Rehbrücke in das Blindenheim in der heutigen Arthur-Scheunert-Allee (heute DIfE), wo er am 18. Mai 1945 verstarb.

Ehrengrabstein, gespendet vom Blinden- und Sehschwachen- verband Brandenburg e.V.

"Gut, dass es ihn gab, ..."

... für Blinde war und ist es eine Chance, am Leben teilzuhaben und für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Und das große Verdienst von Picht war es, dass er etwas für Blinde schuf, was immer noch gebraucht wird, so Haar.

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